2 Kastraten mit wenigen Weibchen - geht das gut?

Dieses Thema im Forum "Verhalten" wurde erstellt von Franziska, 19. Oktober 2009.

  1. Mira

    Mira VIP-User VIP

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    Euren Berichten entnehme ich, dass es AUCH eine Rolle spielt, dass die Tiere gut sozialisiert sind und die Platzverhältnisse so, dass sich die Kastraten allenfalls aus dem Weg gehen können, aber offenbar sind es NICHT NUR diese idealen Voraussetzungen, die eine Konstellation von, sagen wir mal, zwei Kastraten mit vier Mädels, zum Erfolg führen.

    Immer wieder lese ich, dass es manchmal, unter gleichen Bedingungen, klappt und dann auch wieder nicht. Offensichtlich spielt der Charakter der Tiere eine entscheidende Rolle. Meerschweinchen sind Individuen, das wissen wir alle, und als solche vielleicht einschätz-, aber nicht berechenbar. Damit müssen wir leben und entsprechend, soweit möglich, Vorsorge treffen.

    Ich habe schon lange überlegt, wie das wohl wäre mit einem weiteren Kastraten, weil erstens mir die Kleinen leid taten, wenn sie manchmal lange auf einen Platz warten mussten, zweitens ich fand, dass es gerade unter den Kastraten so viele hübsche Kerlchen hatte und ich drittens gerne ein grösseres und in jeder Hinsicht gemischtes Rudel wollte.

    Die räumlichen Voraussetzungen habe ich mit der Gehege-Erweiterung geschaffen, beide Gehegeteile lassen sich (herausnehmbares Plexiglas vorne) mit einem Auslauf ergänzen und bieten, wenn Klein-Valerio in die Rappelphase kommt, zusätzlichen Platz, damit sich die Kontrahenten aus dem Weg gehen könnten ... Sollten sich die beiden Herren zu sehr in die Wolle kriegen, bliebe nur noch die Trennung - Schieber in der Mitte zwischen den beiden Gehegeteilen runter - und die Aufteilung: Jeder Kastrat bekäme zwei bzw. drei Weibchen (also noch ein weibliches Schweinchen zusätzlich ...). Den Auslauf könnte jede Gruppe unabhängig von der andern nutzen.

    Das wäre so das "Katastrophenszenario", für das ich zumindest eine Lösung bereit hätte. Mehr kann ich wohl nicht vorkehren ... Aaaber ich hoffe natürlich sehr, dass diese Trennung niemals stattfinden muss und meine Schweinchen genau diese Charaktere aufweisen, die die Voraussetzung für das Funktionieren einer solchen gemischten Gruppe nötig sind.

    Ich liebe meine Gruppe, so, wie sie jetzt ist, und fände es toll, wenn es weiterhin klappen würde.

    Liebe Grüsse

    Claudia
     
  2. Suzie

    Suzie Prominenter Benutzer

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    Hallo

    Gibt es bei Meerschweinchen eigentlich auch verträglichere Zuchtlinien - und dann eben nicht so verträgliche Zuchtlinien?

    Bei Campbell Zwerghamster, zum Beispiel, sieht man das SEHR gut!

    Es gibt Zuchtlinien von welchen man die Campbells in Paaren oder Gruppen halten kann und teilweise nicht nur wenn man sie als Teenager schon zusammen setzt, sondern kann auch erwachsene Tiere miteinander vergesellschaften.

    Und dann gibt es Zuchtlinien wo es absolut nicht geht. Wo selbst sehr erfahrene Hamsterhalter die Vergesellschaftung nicht hinbekommen und wo über kurz oder lang (meistens sehr kurz) kracht und es zu Verletzungen oder Schlimmerem kommt wenn man nicht rechtzeitig trennt.

    Und bei den Campbells ist es wirklich nach Zuchtlinien nachvollziehbar.
    Und das nicht nur bei den Hobbyzüchtern/Grosszüchtern. Viele Hobbyzüchter (auf jeden Fall die guten) selektieren ja sehr auf Verträglichkeit. Aber auch da gibt es welche, die sehr gute Erfolge haben und andere die nicht, obwohl sie dasselbe tun. Oder dann kreuzen sie "frisches Blut" in ihre Zuchtlinie und plötzlich sind die nachfolgenden Jungtiere nicht mehr so verträglich wie die Jungtiere des bisherigen Zuchtlinie.

    Auch bei den Zuchtanlagen welche für Laborversuche züchten.
    Es gibt bei den Campbells primär zwei Zuchtlinien in Deutschland welche für Labore gezüchtet werden. Und eine Zuchtlinie ist sehr verträglich - und das ist mit Studien dokumentiert! Und die andere ist praktisch nicht verträglich - und auch das ist dokumentiert. Zum Beispiel hat das Team von Proff. Gattermann (verstorben) der Uni Halle extensive Verhaltensforschungen gemacht. Die Hauptzuchtlinie welche sie verwendet haben, war nicht verträglich. Dann haben sie Campbells von einer Uni in den USA (oder war es Kanada?, auf jeden Fall reiner Laborstamm) bezogen und die Versuche mit ihnen wiederholt - und diese waren sehr verträglich. Beide Zuchtlinien sind/waren reine Labor-Zuchtlinien und man weiss wann und wo die Ursprungstiere (also die Begründer der beiden Zuchtlinien) gefangen wurden. Die zwei Zuchtlinien stammen aus unterschiedlichen Gegenden in Asien. Weitere Studien/Nachforschungen an Wildfängen und deren Nachzuchten haben ergeben, dass andere Wildfang-Zuchtlinien aus den selben Gebieten die selben Resultate zeigten: also aus dem einen Gebiet waren die Hamster-Nachzuchten immer/meistens verträglich - und aus dem anderen Gebiet waren sie nicht verträglich. Der Leiter dieser Studien hat mir erklärt wieso, aber ich kann mich nicht genau erinnern, es ist einige Jahre her dass ich mal mit ihm einige Stunden geplaudert habe. Es hatte was mit Futtervorkommnis und Härte des Winters dort zu tun (falls ich es recht in Erinnerung habe).

    Aber auf jeden Fall gibt es eben grosse Unterschiede der Verträglichkeit bei verschiedenen Zuchtlinien der Campells.

    LG suzie
     
  3. Aika

    Aika Administrator Mitarbeiter Admin

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    Davon bin ich überzeugt, aber es ist eben schon schwierig, das gezielt heraus zu züchten.

    Ich selber bin noch viel mehr überzeugt, dass ein Grossteil der Verhaltensprobleme von der Sozialisierungs-Phase herstammen ca. 4. bis 12. Woche).
    Wenn 2 Babies im Alter von vier Wochen gemeinsam abgegeben werden an neue Besitzer, dann sind diese Babies nun mal beim besten Willen nicht sozialisiert. Sie kennen nur die Zweierhaltung, haben nie gelernt, wie man sich in einer Gruppe benimmt und haben bei spätereren Vergesellschaftungen grösste Probleme.

    Es ist durch wissenschaftliche Untersuchungen bewiesen (s. aktuelle Rodentia), dass Böcke, die in einer Bockgesellschaft aufwachsen (aber nicht nur zu zweit!!!), in der Regel bocktauglich sind. Je grösser die Jugendgruppe, desto sozialer sind diese Böcke später (natürlich lieber als Kastraten, nicht als Böcke).

    Wir befürworten hier generell die prinzipielle Abgabe von Kastraten, nicht von Böcken, ausser wenn jemand gezielt einen Zuchtbock möchte.

    Ich glaube, die gemischten Gruppen sind jetzt ein neuer "Trend", der noch nicht genügend erforscht ist. Ich selber bin auch eher skeptisch bei "künstlich" zusammen gesetzten gemischten Gruppen, obwohl es hier ja mehrere positive Beispiele gibt dafür.
    Bei natürlichen Familiengruppen wie bei meinen Nachbarn oder bei Petra sehe ich die Chance, dass es längerfristig klappt, viel höher.

    Auf jeden Fall ist es spannend und bietet sicher mehr Kastraten Möglichkeiten für gute Plätze, wenn sich gemischte Gruppen etwas besser etablieren und mehr Erfahrungswerte vorliegen.
     
  4. galadriel

    galadriel Erfahrener Benutzer

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    Hallo Suzie

    Das finde ich einen sehr interessanten Aspekt. Ich habe keine Ahnung, ob es dazu auch Forschungen gibt, aber das wäre ja eine kleine Erklärung, warum es Züchter gibt, die sich eher gegen gemischte Gruppen aussprechen und andere die darin eher kein Problem sehen.
    Ich gehe mit Fränzi einig, dass die Sozialisierungsphase sehr wichtig ist, aber das kann noch nicht alles sein, oder? Denn sonst hätte es ja bei Franziska gut funktionieren müssen.
    Was ich mich schon die ganze Zeit frage: Was wäre wenn Kambly zuerst dagewesen wäre mit seinem starken Charakter, oder bei uns damals Mucklas? Hätten sich dann solche Charaktere wie Henry und Torino als Jungspunte besser eingeordnet?
    Oder allgemein gefragt: Steht am Anfang einer gut harmonisierenden gemischten Gruppe ein dominanter Kastrat und kann es nicht funktionieren wenn der erste Kastrat ein (sorry Torino und Henry) Weichei ist?
     
  5. Franziska

    Franziska Guest

    Das finde ich auch eine sehr spannende Frage, Petra, und vermutlich ist es auch einer der entscheidenden Punkte. Ich habe nämlich in meiner Konstellation mit Kambly und Torino das Gefühl, dass die beiden (an sich gut sozialisierten und verträglichen) Kastraten einfach zu "gleichwertig", zu "gleichstark" sind. Das heisst, es gelingt ihnen nicht, eine eindeutige Rangordnung herzustellen, sondern sie müssen wieder und wieder und wieder mit neuen Diskussionen und Auseinandersetzungen beginnen. Keiner ist deutlich stärker, keiner deutlich schwächer - und so will es vermutlich auch einfach keiner einsehen, sich dem anderen unterordnen zu müssen. Hat Kambly an einem Tag den kürzeren gezogen, reizt es ihn, diesen Entscheid am nächsten Tag wieder auf die Probe zu stellen, weil seine Niederlage einfach zu knapp war und er das Gefühl hat, beim nächsten Versuch müsse es doch dann klappen. Und so bleibt diese ständige Unruhe, dieses ungelöste Rangproblem, mit dem ich nun schon seit langen Wochen konfrontiert bin.

    Ich denke, entscheidend ist nicht unbedingt die Reihenfolge, in der die Kastraten zur Gruppe stossen; es muss nicht zuerst der Stärkere da sein. Entscheidend ist einfach, dass sich bei der Vergesellschaftung relativ schnell eine eindeutige Rangordnung feststellen lässt, dass also ein Kastrat deutlich dominanter/stärker ist als der andere (die anderen).

    Gerade mit Torino war es ja auch so, dass er zuerst im Rudel war und danach Munzli hinzukam. Munzli war aber als riesiger (wenn auch sanftmütiger) Spätkastrat einfach ausserhalb jeder Reichweite für einen jungen Frühkastraten, und so hat Torino überhaupt nie versucht, sich mit ihm zu messen. Da gab es keine Diskussion.
    Aber Kambly, der letztes Jahr als kleiner Bub ins Rudel kam, ist zu einem selbstbewussten und Torino in keiner Hinsicht unterlegenen Kastraten herangewachsen. Da will sich einfach keine natürliche Rangfolge einstellen.

    Gerade unter diesem Gesichtspunkt finde ich es aber auch wieder heikel zu sagen, mit jungen Frühkastraten funktioniere eine Rudelaufstockung "immer". Nein, denn diese wachsen - wie Kamblys Beispiel zeigt - irgendwann heran, und wenn sie dann gleich stark sind wie der andere Kastrat im Rudel, dann kann es in jedem Fall zu Problemen kommen (und zwar auch unabhängig von den Verwandtschaftsverhältnissen).
     
  6. Aika

    Aika Administrator Mitarbeiter Admin

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    Wenn ich mich richtig erinnere, hat Torino damals eine Art "freiwilliges Exil" gewählt zu Munzlis Zeiten, indem er einfach mit seinen Lieblings-Frauelis ins separate Vivarium auswich.
    Soviel ich bisher gelesen habe, ist das eigentlich auch ein ziemlich natürliches Verhalten, so dass sich innerhalb einer gemischten Gruppe eine Art "Untergruppen" bilden.

    Wäre es evtl. eine Idee, dass Du Dein Gehege noch etwas mehr unterteilst, z.B. mit zwei Trennwänden, die aber nicht geschlossen sind, eher so Labyrinth-mässig?
    Vielleicht entstehen dadurch zwei natürliche Gruppen, die zwar jederzeit hin und her wechseln können, aber wenn sie wollen, können sie auch auf ihrer Seite bleiben.

    Ich habe so etwas Aehnliches in meinem Altersheim beobachtet, als Flo überfordert war mit der damaligen 5-er Gruppe (als ehemaliges Zweier-, bzw. Einzelschweinchen).
    Sie hat sich damals nach kurzer Zeit den hinteren Bereich des Altersheims ausgesucht, der durch einen Durchschlupf zu erreichen war.
    Dort richtete sie sich ihren "Alterssitz" ein und wurde zuerst von Tessa und später, als diese gestorben war, von Belinda begleitet. Sie bildete also aus eigenem Antrieb dort hinten ein kleines Zweiergrüppli, das nach Belieben auch nach vorne wechseln konnte, aber das tat Flo sehr selten, ausser wenn es Guteli gab.

    Ich würde bei Deinen beiden Kastraten zumindest mal eine deutlichere Gehegetrennung versuchen, ohne eine komplette Trennung. Sie sollen selber wählen, wo und wie sie sich arrangieren wollen.
     
  7. Anabel

    Anabel Moderator Mitarbeiter Admin

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    Hallo Franziska

    Ich meine, dass Kambly - soweit ich es in Erinnerung habe - im Alter von allenfalls 6-8 Wochen zu dir kam. Da konnte er einfach nicht so sozialisiert sein, wie wenn er im Alter von 6-8 MONATEN in die Gruppe kommt und solange in einer gemischten Gruppe aufwächst.

    Aber: wir haben einfach immer einen älteren Kastraten bereits im Rudel oder sie sind über längere Zeit in der Grossfamilie gewesen.

    Gruss
    Jasmin
     
  8. Franziska

    Franziska Guest

    Da stehe ich jetzt ein wenig auf dem Schlauch. Kambly hat in seinem Leben nie anders gelebt als in einer gemischten Gruppe. Zuerst bei Barbara, dann bei mir. Warum soll er da "nicht so sozialisiert" sein?
     
  9. Lakritze

    Lakritze Prominenter Benutzer

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    Vielleicht meint Jasmin, dass Kambly das Mami gefehlt hat? Wäre ein interessanter Aspekt :a015:

    Gruss Barbara
     
  10. Anabel

    Anabel Moderator Mitarbeiter Admin

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    Ja, das meine ich. Denn ich denke, dass eine Abgabe von 4-6 Wochen eigentlich zu früh ist. Das Prägende im Sozialverhalten findet bis zu 12 Wochen (Alterswochen) statt. Das Lernen in der Gruppe mit mehreren Kastraten findet dann gerade in dieser Zeit statt. So eine Art Erziehungsphase.

    Wenn die kleinen von Baby auf lernen, mit mehreren erwachsenen Tieren zu leben, sieht das Verhalten einfach anders aus. Ich sah dies ganz deutlich bei Tristan als Kyrill und JimKnopf, bereits auch aus einer Gruppe mit mehreren Kastraten (gell Mike) zu uns kam. Die beiden wussten, dass Tristan der Rudelanführer ist, eben weil sie es so erlebt haben.

    Wenn nun immer das Rudel mit Babies aufgestockt werden, ist die Chance kleiner, ein Generationenleben vorgelebt zu bekommen.

    Darum geniesse ich jetzt unsere Kinderstube. Die älteren Herren und Damen leben vor.

    Gruss
    Jasmin
     
  11. Lakritze

    Lakritze Prominenter Benutzer

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    Das sehe ich auch so. Aber ich weiss eben nicht, ob die Meeribabies DRINGEND mit ihrem Mami aufwachsen müssen (ich rede jetzt von der 6-12 Woche) um diesen Effekt zu erziehlen. Ich beobachte nämlich vielfach, dass meine Kleinen wenn sie bei mir einen Gehegewechsel machen sich einen Ersatzpai/Ersatzmami suche und finden.

    Vielleicht wissen da andere Züchter noch was dazu zu berichten?

    Gruss Barbara
     
  12. Lakritze

    Lakritze Prominenter Benutzer

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    Das verstehe ich jetzt nicht.....meistens wenn ich in eine grössere Gruppe Tiere zum "Aufstocken" vermitteln kann, leben da ja schon verschiedene Generationen. Also meisst alles gestandene erwachsene Tiere. Und die nehmen sich in der Regel ganz klar der Erziehung der Kleinen an. :a015: Was soll daran nicht gut sein?

    Gruss Barbara
     
  13. OhLaLa

    OhLaLa VIP-User VIP

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    Wollt ich auch gerade fragen. Der Sanpellegrino von Barbara ist ja z.B. in unser gemischtes Rudel eingezogen. Mit 4 Wochen wenn ich mich nicht irre. Einige Weibchen haben ihn direkt als Baby adoptiert (das war echt zuckersüss das mitanzusehen, sie haben ihn sogar abgeleckt) und nun lernt er was es heisst mit mehreren Kastraten aufzuwachsen. Er testet sich etwas aus, schaut, wen von den Rudelmitgliedern er "verspärza" kann (bzw. welche sich das gefallen lassen) und bei welchen er sich unterordnen muss. Natürlich zeigen ihm nicht nur die beiden dominanteren Kastraten was er darf und was nicht, sondern ganz besonders auch die dominanten Weibchen (die man bei einer Gemischtgruppenhaltung auch nicht vergessen darf, ich bin nämlich davon überzeugt, dass es auch viel ausmacht, wie dominant die Weibchen sind, nicht nur die bereits vorhandenen Kastraten).
     
  14. Franziska

    Franziska Guest

    Das kann ich sehr gut nachvollziehen.


    Diesen Teil hingegen verstehe ich immer noch nicht. Und zwar deshalb, weil ich den Unterschied nicht sehe zwischen dem Aufwachsen in der gemischten Gruppe bei der Züchterin, in der angestammten Familiengruppe, und dem Aufwachsen in einer gemischten Gruppe an einem neuen Ort (in diesem Fall also bei mir, in meinem Rudel), mit durchaus gemischten Altersstrukturen, einem Chefschwein, einem grossen Kastraten und den übrigen hierarchisch eingestuften Tieren. Welcher Lerneffekt bleibt da einem kleinen Boy verwehrt?
    Ich verstünde es, wenn wir von einem Fall reden würden, in dem ein kleines Schwein mit 5 Wochen in eine Zweierhaltung kommt oder nicht beide Geschlechter im neuen Rudel vertreten sind oder keine älteren Tiere da sind. Dann könnte der Kleine bestimmte soziale Verhaltensweisen nicht lernen. Aber so, wenn der Boy einfach einen Wechsel von einer gemischten und durchmischten Gruppe in eine andere macht - welches Generationenleben, welches Verhalten verpasst er?


    Mir kommt das vor, als würde man - auf den Menschen übertragen - sagen, NUR ein Vollzeitmami kann ein Kind aufziehen. Aber die Prägung geschieht doch durch das gesamte Umfeld, die Spielgruppe, die Tageseltern, die hütenden Grosseltern, die grossen Geschwister, den Kindergarten usw. Bloss weil ein Kind in andere Obhut als die der leiblichen Eltern gegeben wird und andere Personen die Erziehung/Prägung übernehmen, muss aus dem Kind doch kein Asozialer werden?
     
  15. Anabel

    Anabel Moderator Mitarbeiter Admin

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    Hallo Franziska

    Vollzeit- und Teilzeitmami: Das ist der treffende Vergleich und du wirst meine Philosophie verstehen. Kommt das Baby zur Welt, ist es abhängig in der Regel von der Mutter. Diese Abhängigkeit wird immer kleiner, der Bewegungsradius des Nachwuchses wird grösser. Das kleine Lebewesen hat auch bei einem Teilzeitmami seine direkte Bezugsperson(en), welche Grenzen aufzeigen und auch korrigierend wirken.

    Beim Meerschweinchen wird der Wirkungskreis auch grösser. Fehlt das Mami, tritt in der Regel das Rudeloberhaupt oder ein älteres Meerschweinchen als richtungsgebender Pol ein. In der Grossgruppe erfährt dadurch das Meerie-Baby während einigen Monaten dieses Verhalten. Hat es in der gemischten Gruppe keine ältere erfahrene Tiere suchen die Jungtiere, auch Weibchen, ihre Grenzen (wie Pubertierende).

    Zurück zu deinem Beispiel: das gesamte Umfeld wird erst im Laufe der Zeit grösser - Spielgruppe ab 3 Jahren, Tageseltern, hütende Grosseltern, Geschwister (vielleicht sind sie schon da, da unterordnet sich der oder die zweitgeborene automatisch), Kindergarten mit 5, Schule mit 7, Oberstufe mit 13, Lehre mit 17. Das ist vergleichsweise auch nicht in 2 Jahren absolviert. Für junge Männer kommt noch die Rekrutenschule, die ihr Wesen nochmals verändert. Für alle Militärgegner: Es ist schon so, die Rekrutenschule bewirkt nochmals eine Veränderung.

    Gruss
    Jasmin
     
  16. Franziska

    Franziska Guest

    Danke, Jasmin, für die Antwort :) .

    Langsam fühle ich mich wirklich einfach begriffsstutzig: ich tschegge immer noch nicht, was Du mir eigentlich sagen willst :d040: . Irgendwie beginne ich zwischen den Zeilen zu lesen, dass Du findest, ich hätte bei meinem Rudelaufbau eigentlich so ungefähr alles falsch gemacht und sei deshalb selber schuld, dass sich meine zwei Boys nicht mögen, auch wenn Du das nirgends so deutlich schreibst. Ist es so? Dann fände ich es viiiiel hilfreicher, das eins zu eins so zu lesen, mit einer verständlichen Erklärung, WESHALB Du dieser Ansicht bist :p030: .

    Ich sehe einfach immer noch nicht ganz, warum ein kleiner Kastrat nur bei Muttern (resp. in der Familie) gut aufwachsen können soll und nicht auch in einer anderen Gruppe mit durchmischter (Alters-, Geschlechts- und Hierarchie-)Struktur? Und inwiefern hat Kambly bei seinem Aufwachsen etwas Entscheidendes verpasst?

    Aber vielleicht ist dieses spezifische Problem nicht mehr von allgemeinem Interesse, und wir könnten auch per Mail weiter darüber reden. Okay?
     
  17. Grischa

    Grischa Prominenter Benutzer

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    Doch doch, auch mich interessiert die ganze Sache.

    Ich glaube allerdings nicht, dass es "Schuldige" gibt und noch weniger dass es sie braucht.

    Sollte man jedoch der Ursache auf den Sprung kommen, kann man vielleicht etwas tun.

    Eine andere, auch mir unbekannte, Sichtweise kann vielleicht das eine oder andere Erklären. Auch ich habe noch nicht verstanden was Jasmin sagen möchte. Hoffe jedoch das uns da Jasmin noch behilflich sein kann?

    Ich finde das Thema an sich sehr sehr spannend.
    Mit unserem Jerry haben wir ja auch schon kleine erfahrungen machen können, der wäre ja hier geboren und aufgewachsen.

    Liebe Grüsse
    Susanne
     
  18. Prezzi

    Prezzi VIP-User VIP

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    Ich habe auch den Eindruck, dass dies möglicherweise ein ausschlaggebender Punkt ist. Wenn Kleinschwein in einem Rudel mit mehreren erwachsenen Tieren beider Geschlechter aufwächst, lernt es sicher ein breiteres Verhaltensrepertoire kennen als ein Jungtier, das bereits mit vier Wochen in eine Haremsgruppe mit Weibchen und nur einem einzigen weiteren Kastraten wechselt. Ich konnte das gut bei den Meeris einer guten Freundin beobachten. Sie hielt ihre Tiere in einer gemischten Gruppe mit mehreren erwachsenen Kastraten. Da die jungen Männchen ja häufig etwas länger beim Züchter bleiben, bis sie ein geeignetes Plätzli gefunden haben, wurden bei ihr viele Kasträtli im gemischten Rudel erwachsen. Diese Tiere konnten später meistens auch problemlos in neue gemischtgeschlechtliche Gruppen integriert werden.


    Meine selber gemachten Erfahrungen mit gemischten Gruppen mit mehreren Kastraten beschränken sich auf zwei Dreiergrüppli mit zwei Kastraten und einem Weibchen; beide Gruppen "funktionierten" gut. Die Tiere hatte ich damals alle aus der Zucht meiner Freundin.

    Bei der ersten Gruppe haben wir zwei fünf Wochen alte Frühkasträtli zu einem älteren Weibchen gesetzt, das die Kleinen sofort "adoptiert" hat. Die beiden Jungs stammten aus einem Viererwurf mit lauter Männchen. Wir haben die Kleinen von Geburt an in ihrer Entwicklung beobachten können und dann extra das "dominanteste" und das "zurückhaltendste" Tierchen aus dem Wurf zusammengesetzt. Die Dreiergruppe blieb zwei Jahre lang bestehen und harmonierte ausgezeichnet. Sie hatte recht viel Platz (knapp 5 m2) zur Verfügung.

    Als der dominante Kastrat mit zwei Jahren starb, zog ein zweites Weibchen zu dem verbliebenen Pärchen. Etwa ein halbes Jahr später starb dann das alte Weibchen, welches die Rudelchefin gewesen war. Eigentlich wollte ich das Grüppli als Harem weiterführen, aber meine Freundin überredete mich, ein weiteres Brüderchen aus dem alten Viererwurf zu dem Kastraten Zwirbeli und seiner Diavolina zu setzen. Mäxli hatte die 2.5 Jahre seit seiner Geburt im gemischten Rudel meiner Freundin zusammen mit mehreren anderen Kastraten verbracht. Ich war eher skeptisch, liess mich dann aber auf das Experiment ein, weil mir Mäxli schon immer gut gefallen hatte und er ja wieder in sein altes Rudel zurückkehren konnte, falls die Vergesellschaftung nicht klappen sollte. Mäxli meisterte den Umzug jedoch souverän. Er inspizierte in aller Ruhe das Gehege und ging Zwirbeli vorerst meist aus dem Weg. Nach einer knappen Woche kam es dann frühmorgens zu einer kurzen heftigen Keilerei, in der sich Mäxli den Chefposten eroberte und Zwirbeli eine Bisswunde im Gesicht abbekam. Zum Glück entspannte sich die Lage aber schnell wieder, und die Rangordnung war danach offenbar geklärt.

    Diese Gruppe blieb ein gutes Jahr zusammen bis zu Zwirbelis Tod (akute Blähung bei Zahnproblem :d015:). Die drei Tiere kamen gut miteinander aus, waren aber doch nicht mehr ganz so harmonisch wie die erste Dreiergruppe. Das zurückhaltende Weibchen Diavolina "gehörte" vorwiegend Mäxli, war aber auch immer wieder mal mit Zwirbeli im Gehege unterwegs. Die Gruppe konnte problemlos während meiner Ferien zu einem "Meeri-Sitter" umquartiert werden, wo sie in einem 140er-Käfig hausten.

    Nach Zwirbelis Tod hatte ich die Gruppe dann auf vier Tiere vergrössert und als "normales" Haremsgrüppli weitergeführt. Obwohl meine Dreiergruppen mit zwei Kastraten damals gut funktioniert haben, werde ich es künftig bei einem Kastraten und drei bis vier Weibchen bewenden lassen. Da ich Innenhaltung habe und nicht unbeschränkt viel Platz und Zeit zur Verfügung, möchte ich lieber keine Experimente mehr machen, die im ungünstigen Fall eine Auftrennung der Gruppe zur Folge haben könnten.
     
  19. Anabel

    Anabel Moderator Mitarbeiter Admin

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    Liebe Franziska

    Ob du begriffstutzig bist, kann ich nicht beurteilen.

    Ich habe nicht gesagt, dass du es falsch gemacht hast. Ich gebe einfach zu bedenken, dass Kastraten, die in einem gemischten Rudel (mehrere Kastraten, mehrere Weibchen) anders sozialisiert sind, als jene, die mit 4-6 Wochen das Rudel verlassen, in das sie geboren wurden.

    Dein Vergleich mit der Familie ist daher gar nicht so schlecht. Denn selbst bei einem Teilzeitmami ist das Mami eben nicht ganz weg. Vielfach wird dies so gewertet. Da ich ein Teilzeitmami war und der Erzeuger ein Vollzeitpapi lebte die Familie einfach umgekehrt. Deshalb kann ich deinen Vergleich sehr gut nachvollziehen. Übrigens ist der Vergleich mit den Kindern gar nicht so schlecht. Das jüngere orientiert sich wesentlich am älteren.

    Die Tendenz ist eben so, dass die Tiere im Alter von 4-6 Wochen abgegeben werden. Die Verhaltensforscher gehen in andere Richtungen.

    Ich finde das Thema sehr interessant. Vielleicht machen sie noch einige andere Gedanken darüber.

    Gruss
    Jasmin

    Am Rande: unsere damalige Entscheidung wurde häufig kritisiert. Keines der uns geschilderten Bedenken hat sich bewahrheitet. Im Gegenteil, wenn ich so rundum sehe, hatte ich entweder unglaubliches Glück, eine gute Genetik oder sonst ein Faktor, der mir nicht bekannt ist. Deshalb antworte ich jeweils auf Fragestellungen und bei Auftauchen von Problemen.
     
  20. Franziska

    Franziska Guest

    Nein, gesagt hattest Du es - bisher - nicht. Aber jetzt habe ich es auch begriffen. Danke für Deine Ausführungen.